Vom Kameraspezialisten zum Künstler
Schon als Kind malte Ueli Käser gerne. Während der Schulzeit lag sein Fokus jedoch eher auf Geometrie und präzisen Zeichnungen. Die Leidenschaft für fotorealistische Tierporträts entdeckte der Künstler, der in Sagogn aufgewachsen ist und heute in Ottenbach im Kanton Zürich lebt, erst vor einigen Jahren. Seit letztem Jahr lebt er vollständig von seiner Kunst. Vergangene Woche besuchte die FMR den Künstler während des Aufbaus einer Ausstellung in Heimberg im Kanton Bern.
Die Tierporträts von Ueli Käser zeigen Helga, den Otter; Diego, das Nashorn; Mathilda, das Schaf und Erik, den Elch - alle gemalt in Weiss auf schwarzem Hintergrund mit nur einem einzigen Pinsel. „Ich habe eine Liste mit rund 100 Namen, die ich noch für meine zukünftigen Tierporträts verwenden möchte“, erklärt Ueli Käser auf die Frage, wie viele Tiere er noch malen will. Bisher hat er etwa 130 Tiere porträtiert und plant, noch einige hinzuzufügen, darunter auch besonders niedliche Motive. Manchmal entscheidet er anhand eines Namens, welches Tier er malt, und manchmal entsteht erst das Bild, bevor er auf seiner Namensliste nach der passenden Bezeichnung sucht. Zudem arbeitet er auch auf Kundenwunsch: „Am häufigsten fragen Hundebesitzer, ob ich ihr geliebtes Tier malen kann. Wenn ich aber zu viele Hunde hintereinander male, brauche ich zwischendurch etwas Abwechslung – dann kommt auch mal ein Hase oder ein Bär dazwischen.“
Von der Fotografie zur Malerei
Ueli Käser wuchs in Sagogn auf, absolvierte seine Ausbildung in einem Fotogeschäft in Ilanz und zog anschliessend nach Zürich, wo er in verschiedenen Positionen in der Elektronik- und Fotobranche tätig war. Zuletzt arbeitete er als Spezialist für Hasselblad-Kameras. Gelegentlich assistiert er noch bei großen Fotoshootings oder fotografiert kleinere Projekte selbst: „Das mache ich, um den Kontakt zur Fotoszene nicht zu verlieren und technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben“, sagt Käser, der sich mittlerweile als freischaffender Künstler etabliert hat.
Die Kunst als Notwendigkeit
Wie wurde aus einem Kameraspezialisten ein Künstler, der von seinen fotorealistischen Tierbildern lebt? „Als ich nach Zürich zog, wohnte ich in einer WG. Die Wände waren kahl, also beschlossen ein Freund und ich, selbst ein paar Bilder zu malen. Wir kauften drei Leinwände und viel Farbe“, erinnert sich Käser an seine ersten Versuche mit der Malerei. Die Bilder hatten einen roten Hintergrund mit schwarzen Linien. „Der Malprozess machte mir großen Spaß. Aber die abstrakte Kunst hat mich nicht überzeugt.“ Seitdem griff er immer wieder zu Pinsel und Farbe. Zwar bereitete ihm das Malen Freude, doch lange Zeit war er mit den Ergebnissen nicht zufrieden: „Anfangs habe ich viele meiner Bilder an Freunde und Verwandte verschenkt, weil ich sie nicht gut genug fand, um Geld dafür zu verlangen.“
Inspiration, Unterstützung und die Energie der Liebe
Nach diesen ersten Schritten in die Malerei wechselte Ueli Käser seinen Job und hatte kaum noch Zeit für sein Hobby. Erst während der Corona-Zeit, als er in Kurzarbeit war, nahm er Pinsel und Farben wieder zur Hand. Mit der Zeit entwickelte sich sein Stil weiter. „Ich merkte, dass Tiere mit ausdrucksstarken Gesichtern genau mein Stil sind. Da mir Beleuchtung schon in der Fotografie sehr wichtig war, wollte ich auch in meinen Gemälden mit Licht und Schatten arbeiten“, erzählt Käser. Einen besonderen Schub erhielt seine Kunst durch die Liebe: „Meine Freundin hat mich von Anfang an unterstützt und ermutigt.“ Zudem sei die Energie einer jungen Liebe wie ein „Booster“ für seine Kunst gewesen.
Sein ehemaliger Chef unterstützte ihn ebenfalls: „Er ermöglichte mir, meine Arbeitszeit nach und nach zu reduzieren, sodass ich mein Kunstgeschäft aufbauen konnte.“ Dank vorausschauender Planung konnte Käser die ersten Einnahmen aus seinen Kunstverkäufen zurücklegen und investieren. „Heute könnte ich rund ein Jahr davon leben, ohne ein einziges Bild zu verkaufen.“ Doch diese Sorge hat er nicht: „Nach jeder Ausstellung merke ich, dass ich eigentlich zu wenige Originale habe, um sie zu zeigen.“
Originale, limitierte Drucke und Postkarten
Neben seinen Originalgemälden, die zwischen 1.190 und 30.000 Franken kosten, bietet Ueli Käser auch limitierte Drucke und Postkarten seiner Werke an. „Die Preise meiner Originale richten sich nach Grösse, Arbeitsaufwand und Nachfrage. Ein Bild in der Grösse 80 x 100 cm braucht etwa zwei bis drei Wochen.“ Dass er einmal so gut von seiner Kunst leben würde, hätte er nicht gedacht. Zwar arbeite er oft mehr als 100 %, aber er könne sich seine Zeit selbst einteilen und das bedeute deutlich weniger Stress als früher als Angestellter.
Ein besonderer Meilenstein in seiner Künstlerkarriere war die Eröffnung seiner eigenen Galerie in einem alten Kuhstall in Ottenbach. Den Raum hat Käser selbst renoviert und eingerichtet. Seit 2021 hängen dort seine Werke, an den Wänden, wo einst Kühe standen. Doch um nicht nur in der Galerie auszustellen, ist er regelmässig auf verschiedenen Kunstevents vertreten – so auch aktuell in Heimberg, wo seine Werke gemeinsam mit Holzskulpturen des Kettensägen-Künstlers Christoph Wyttenbach präsentiert werden.
Die Ausstellung der beiden Künstler läuft noch bis zum 7. Juni in der Kunstabteilung des Möbelhauses Livique in Heimberg. Am 19. April und 10. Mai zeigen die Künstler live, wie eine Holzfigur geschnitzt und bemalt wird.